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Das 20. Dithmarscher Kirchspiel

Im Hamburger Staatsarchiv wird bis heute die Gründungsurkunde des Barlter  Kirchspiels verwahrt, wie sie am 29. Oktober 1428 in Hamburg im Haus des Hamburger Domkapitels ausgestellt und gesiegelt worden ist. Geschrieben ist sie in lateinischer Sprache auf Pergament.

Die hier vorgelegte Übersetzung versucht, den Inhalt der Urkunde für heutige Leserinnen und Leser verständlich zu machen. Sie wurde an einer wortgenauen Übersetzung, die Professor Enno Bünz von der Universität Leipzig freundlicherweise gemacht hat, überprüft und dementsprechend verbessert:

Schon früher, am 13. März 1426, hatten die Bauernschaften Barlt und Volkenesworden zusammen mit Kannemoor und Trennewurth den schriftlich erhaltenen Beschluss zur Kirchspielsgründung gefasst, ihn dann ohne die Nachbarn verwirklicht, die es vorzogen, im Marner Kirchspiel zu bleiben. Mit Barlt entstand in Dithmarschen damals das 20. Kirchspiel.

Die Einteilung in Kirchspiele hatte sich in der Republik Dithmarschen bewährt. Im Laufe der Zeit waren die Kirchspiele – eigentlich Pfarr- und Kirchengemeindebezirke – selbständige Gemeinwesen geworden, den Bundesländern in unserer Bundesrepublik Deutschland ein wenig vergleichbar, in denen alle Angelegenheiten, ob geistlich, weltlich, rechtlich oder wirtschaftlich, von den Bauern selbst geregelt wurden. Natürlich brauchte diese Republik der Kirchspiele auch einen Herrn, wie es sich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte, das in den Jahren 1414-1437 von König Siegmund regiert wurde, der seit 1433 auch Kaiser war. Dieser Herr war der Erzbischof Nikolaus von Bremen, der von 1421-1434 regierte, aber wenig Einfluss auf Dithmarschen hatte. Besondere Verbindungen bestanden zwischen dem Hamburger Domkapitel und dem Meldorfer Kirchspiel, aus dem sich Barlt 1428 abteilte. Das Domkapitel war in gewisser Weise auch Stellvertreter des Erzbischofs und darum befugt, die Kirchspielsgründung zu genehmigen, die nach Ausweis der Gründungsurkunde letztlich im Namen von Papst Martin V. als oberster geistlicher Autorität – er regierte von 1417 bis 1431 – erlaubt wurde.

Die Gründungsurkunde des Barlter Kirchspiels wird im Hamburger Staatsarchiv verwahrt.

Eine Veranlassung zur Kirchspielsgründung war sicher die wirtschaftliche Stärke der beiden Bauernschaften, die auch in der Gründungsurkunde ihren Ausdruck findet. Man konnte es sich leisten, ein Kirchspiel zu sein und damit eigenständig. Aber auch andere Gründe werden deutlich genannt: zum einen die Überschwemmungen; die geradezu in der Winterszeit der Marsch sehr zusetzten. Möglich, dass auch an die zahlreichen Fluten jener Jahre gedacht ist. Der Chronist Neocorus erwähnt schwere und verheerende Sturmfluten in den Jahren 1420, 1421, 1426, 1427 und 1428, außerdem den harten Winter 1423, wo man von Danzig nach Lübeck auf der zugefrorenen Ostsee reiten konnte. Ein weiterer Grund zur Kirchspielsgründung waren die unruhigen Zeiten. In der großen Politik gab es schwere kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Grafen von Schaumburg und Erich von Pommern, dem Drei-Kronen-König von Dänemark, Norwegen und Schweden, der von 1412 bis 1439 regierte. Es ging dabei um den Landesteil Schleswig. In diese Auseinandersetzungen griffen die Hansestädte Hamburg und Lübeck mit ein, wie auch Dithmarschen. Dazu kam ein jahrelang schwelender und mit kriegerischen Auseinandersetzungen verbundener Zwist in Dithmarschen selbst. Es ging dabei um wirtschaftliche Interessen, die die Kirchspiele in zwei Lager spalteten: eine Hamburg freundlich und eine den Hansestädten feindlich gesonnene Partei. Krieg und Überfälle waren wirklich an der Tagesordnung: In dieser Situation resignierten die Menschen in Barlt nicht, sondern suchten im Gegenteil mehr Handlungsfreiheit zu bekommen.

An der Spitze des neugegründeten Kirchspiels stand als geistlicher Leiter der Pastor. Das war seit 1428 Johannes Fabri, der vorher als Vikar an der Meldorfer Kirche amtiert hatte. Auf Bitten des neuen Kirchspiels hatten die Hamburger ihn zum ersten Pastor von Barlt ernannt.

Für die anderen Belange gab es ein eigenes Leitungsgremium: Die Schlüter. Es werden in Barlt vermutlich zwei gewesen sein. Sie hatten ihr Amt für jeweils nur ein Jahr inne und wurden dann neu bestimmt. In einer Urkunde vom 29. März 1434 geben sie die Richtlinien über die finanzielle Förderung des Kirchbaus durch Spenden und Legate, über strafrechtliche Angelegenheiten und die Verwendung von Geldstrafen heraus. Sie werden Schlüter genannt, weil sie die Schlüssel für die Gemeindekasse haben.  Der Familienname Schlüter gehört zu den Namen, die eng mit dem gesellschaftlichen Stand ihres ersten Trägers verbunden sind. Im mittelniederdeutschen Sprachgebrauch verwurzelt, wurde der Name Schlüter aus dem Wort „sluter = Schließer“ gebildet und bezeichnet das Amt des Gebäude- und Schatzverwalters. Mit der Entstehung der Familiennamen im Mittelalter wurden die Bürger eines Ortes damals oft nach ihren beruflichen Tätigkeiten benannt. Der erste Träger des Namens Schlüter hatte daher die Aufgabe öffentliche Gebäude, Schlösser und Kellereien sowie deren Schätze zu verwalten. In weiteren Fällen bestand auch eine Verbindung des Namens zum Beruf des Stadttorwächters und des Gefängniswärters, den sogenannten „Schließern“.

Oberstes Organ des Kirchspiels war aber die Gemeindeversammlung, die Communitas oder Menheyt. Sie fasste Beschlüsse, die das ganze Kirchspiel betrafen – und sei es über die Sicherheit des Kohlgartens des Pastorats, wie es in einer Urkunde vom 29. Juni 1464 überliefert ist, durch die Barlts Pastoratsgarten zu einem der ältesten datierten in Schleswig-Holstein geworden ist. Neben den beiden Bauernschaften Barlethe und Volkenesworden gab es als eine weitere Institution – wie in Dithmarschen üblich – die Geschlechter. Die Urkunde von 1464 nennt vier im Kirchspiel Barlt ansässige Geschlechter: Die Jersemannen und Wennemannen, die beide einen doppelköpfigen Adler in ihrem Siegel führen, und die Frickegrotemannen, die mit dem Bild eines halben Adlers und eines auf dem Kopf stehenden Schlüssels siegeln.

Spätestens im November 1428 dürfte mit dem Kirchenbau begonnen worden sein. Das Land zum Bau – sozusagen in der Mitte des Kirchspiels – war von Clunen Jarren Volck gegeben worden. In einem Visitationsprotokoll der Barlter Kirche von 1583 ist diese Nachricht festgehalten. Es ist anzunehmen, dass das Kirchspiel das Land gekauft hat. Die Baufinanzierung war in der Gründungsurkunde geregelt, war aber offensichtlich nicht ausreichend. Das lässt die Urkunde von 1434 erkennen, wo von Spenden, Legaten und Strafgeldern die Rede ist, die zum Kirchbau verwendet werden. Die Kirche wurde damals schon in den Ausmaßen gebaut, wie sie bis heute steht. Als Material verwendete man anfangs Feldsteine, um dann mit Ziegeln weiter zu mauern. 1458 wurde der Dachstuhl aufgesetzt und damit der Bau vollendet. Heute zählt der Dachstuhl der Barlter Kirche zu den ältesten datierten in Schleswig-Holstein. Der freistehende Glockenturm wird schon so ähnlich gebaut worden sein wie der heute bestehende. Der Friedhof erstreckte sich um die Kirche und ist erst 1859 an den Ortsausgang verlegt worden.

Von den Altargeräten hat sich ein vom Gründungspastor gestifteter Abendsmahlkelch erhalten, der eine Lateinische Inschrift trägt, die übersetzt lautet: “Der Gründer Johannes Fabri hat für die Barlter Kirche diesen Kelch zum Gebrauch an dem Altar des Heiligen Michael und der heiligen Katherina in besagter Kirche gestiftet“. Bis heute ist der Kelch der Abendsmahlkelch der Barletr Kirche, verbindet wie der Kirchbau die Vergangenheit mit der Gegenwart und reicht in die Zukunft hinein.

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